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"Es ist keiner überrascht" Wer ist der Mann, der für China spioniert haben soll?

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Der Verdächtige Jian G. wird in einem zivilen Polizeiauto zum Bundesgerichtshof gebracht.

Der Verdächtige Jian G. wird in einem zivilen Polizeiauto zum Bundesgerichtshof gebracht.

(Foto: dpa)

Die Überraschung hält sich offenbar in Grenzen. Ein enger Mitarbeiter des AfD-Politikers Krah muss wegen des Verdachts auf Spionage in Untersuchungshaft. Doch was genau wird ihm vorgeworfen? Und wer ist dieser Mann überhaupt?

Die Vorwürfe gegen Jian G. wiegen schwer. Der Assistent des AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, Maximilian Krah, soll im Auftrag Chinas spioniert haben. Am Montag nahm ihn die Polizei in Dresden fest, inzwischen sitzt er in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft fasst die Vorwürfe so zusammen: "Jian G. ist Mitarbeiter eines chinesischen Geheimdienstes. Seit dem Jahr 2019 arbeitet er für ein deutsches Mitglied des Europäischen Parlaments. Im Januar 2024 gab der Beschuldigte wiederholt Informationen über Verhandlungen und Entscheidungen im Europäischen Parlament an seinen nachrichtendienstlichen Auftraggeber weiter. Zudem spähte er für den Nachrichtendienst chinesische Oppositionelle in Deutschland aus."

G. und Krahs Wege kreuzten sich schon vor einiger Zeit. Wie T-Online schreibt, lernten sich die beiden nach Aussagen von Krah 2014 in Dresden kennen, wo Krah als Anwalt arbeitete und das Mandat für G.s Im- und Exportunternehmen übernahm. Aus dieser Beziehung wurde dann bald mehr. Gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" erklärte G. im vergangenen Jahr, er sei seit 2019 bei Krah beschäftigt, zunächst auf einer halben Stelle, seit März 2020 auf einer vollen Stelle. "Außerhalb dessen habe ich keine Nebentätigkeit."

Der in China geborene G., der inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, spricht fließend Deutsch und studierte Berichten zufolge zu Beginn der 2000er Jahre in Dresden Geschichte und Germanistik. Offenbar engagierte er sich auch schon früh politisch. Bis 2015 war er laut SZ Mitglied der SPD. Auch soll er eine Import-Export-Firma für Solar- und LED-Technik geführt und für ostdeutsche Gemeinden Kontakte nach China hergestellt haben.

Mit Krah und Geschäftspartnern soll er dann auch einen Lobbyverein gegründet haben, berichtet T-Online. Zusammen lotsten sie demnach Lokalpolitiker aus Pirna, unter anderem den heutigen Bürgermeister, nach China, um eine Städtepartnerschaft anzubahnen. Bei der Reise sollen sie auch Vertreter des Geheimdienstes IDCPC getroffen haben. Vor und nach der Reise flossen laut dem Bericht mehrere Zahlungen aus China in G.s privates Umfeld. Trotz seiner Kontakte zu Chinas Regierungsbehörden war er offenbar auch in Kreisen chinesischer Exil-Oppositioneller unterwegs und traf sogar den Dalai Lama.

Auch deutschen Behörden angedient

Die deutschen Sicherheitsbehörden sollen schon früh auf G. aufmerksam geworden sein. Laut der ARD diente sich G. ihnen vor rund zehn Jahren als Informant an. Offenbar vergebens. So soll er als unzuverlässig eingestuft und verdächtigt worden sein, ein möglicher Doppelagent Pekings zu sein. Gegenüber T-Online sagte G., dass ihm lediglich die deutsch-chinesische Freundschaft am Herzen liege.

Den Verdacht, dass dahinter mehr stecken könnte, äußerte der Grünen-Europaparlamentarier Reinhard Bütikofer schon früh. Als der Handelsausschuss des Parlaments über die künftige China-Strategie 2021 beriet, fielen laut der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" Krah und G. unangenehm auf: Krah wollte einen schärferen Kurs gegenüber Peking verhindern. "Ich habe genug davon, dass hier ein chinesischer Spion sitzt!", empörte sich Bütikofer daraufhin in Richtung G. Daraufhin warf ihm Krah Rassismus vor, Bütikofer entschuldigte sich.

"Niemand weiß, was er tut"

Allerdings wunderten sich wohl auch AfD-Politiker im EU-Parlament über die China-Nähe Krahs. "Man musste sich nur das Abstimmungsverhalten von Krah ansehen. Er hat fast immer nur die Interessen des chinesischen Staats vertreten", sagte der AfD-Abgeordnete Nicolaus Fest der FAZ. Niemand habe mehr Krahs Position ernst genommen. Einmal habe er versucht, mehr über G. herauszufinden. Er habe jedoch seine Social-Media-Profile kurz zuvor gelöscht. "Ich kenne hier jeden Assistenten auf dem Gang, aber G. sehe ich so gut wie nie." Vor einem Jahr habe er bereits erklärt: "Niemand weiß, was er tut, niemand hat Kontakt mit ihm, niemand glaubt ernsthaft, dass er hier ist, um die Interessen der AfD voranzubringen."

Schon damals kursierten Spionagevorwürfe gegen G., doch Krah sprach gegenüber dem Magazin "The European Conservative" von einer "Hexenjagd" gegen seinen Assistenten. Er habe nicht den "geringsten Grund", ihn als Spion zu verdächtigen.

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Nach den Nachrichten über G.s Festnahme zeigten sich weder Bütikofer noch AfD-Politiker erstaunt. "Es ist keiner überrascht von uns", sagte ein namhafter AfD-Politiker, der anonym bleiben wollte, der SZ. "Wir kotzen im Strahl."

Krah, der selbst wegen etwaiger Russlandverbindungen unter Druck steht, distanziert sich inzwischen öffentlich von seinem langjährigen Mitarbeiter und hat dem 43-Jährigen gekündigt. Es sei in seinem Büro offenbar eine Straftat begangen worden, sagte Krah. "Es ist sehr unangenehm und es ist in meinem größten Interesse, das aufzuklären."

Quelle: ntv.de, ghö

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