Politik

Durchbruch bei Awdijiwka? Russen dringen nach Otscheretyne vor

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Ungehindert und ohne Deckung: Russische Soldaten posieren in Otscheretyne für die Kamera.

Ungehindert und ohne Deckung: Russische Soldaten posieren in Otscheretyne für die Kamera.

Plötzlich gerät die Front in der Ukraine in Bewegung: Am Bahndamm bei Awdijiwka gelingt den russischen Truppen ein lokaler Vorstoß. Die ukrainischen Verteidiger müssen Stellungen in Otscheretyne aufgeben. Die Russen setzen alles daran, den Angriffskeil zu erweitern.

Im Osten der Ukraine geraten die ukrainischen Streitkräfte zunehmend in Schwierigkeiten: An der Donezk-Front westlich von Awdijiwka sind russische Stoßtruppen nach monatelangem zähen Ringen unerwartet tief in die ukrainischen Linien vorgedrungen. Übereinstimmenden Berichten zufolge sind Teile der Ortschaft Otscheretyne in russischer Hand.

Für die ukrainischen Verteidiger ergibt sich daraus eine bedrohliche Lage: Das umkämpfte Dorf liegt am Bahndamm im Nordwesten von Awdijiwka. In den vergangenen Monaten konnten die Ukrainer hier unzählige russische Angriffe aufhalten, die zunächst vor allem auf die Umklammerung des Awdijiwka-Kessels abzielten. Der jüngste russische Vorstoß bildet einen Angriffskeil, der tief in die ukrainischen Linien hineinreicht.

Das ukrainische Militär wollte sich zu der Entwicklung an der Front bei Donezk bislang nicht offiziell äußern. Gerüchten zufolge soll den Russen der Einbruch bei Otscheretyne nur durch Zufall gelungen sein. Die ukrainischen Verbände, die mit der Verteidigung des Frontabschnitts beauftragt waren, hätten sich in Erwartung ihrer Ablösung zurückgezogen - obwohl die neuen Kräfte noch nicht vor Ort eingetroffen waren.

Positionen kampflos aufgegeben?

Die genauen Abläufe sind noch unklar. Die Russen jedenfalls scheinen schnell reagiert zu haben. Sie hätten die Situation sofort ausgenutzt, heißt es. Nahezu kampflos seien sie in die Siedlung vorgerückt, um sich dort festzusetzen. Tatsächlich scheint der Vorstoß bei Otscheretyne - anders als an anderen Stellen der Front - ohne größere Artillerievorbereitung geglückt zu sein. Im Netz kursierende Fotos und Videoaufnahmen zeigen russische Kampftruppen, die vergleichsweise entspannt im weitgehend unzerstörten Ortskern posieren - offenbar unbehelligt von ukrainischem Drohnen oder anderweitigem Beschuss.

Durch das Vorrücken am Bahndamm ist nordwestlich von Awdijiwka ein neuer Frontvorsprung entstanden: Wie ein Stachel schiebt sich die von russischen Kräften gehaltene Position entlang des Bahndamms fast viereinhalb Kilometer tief ins ukrainische Hinterland.

Für die Verteidiger dürfte die neue Lage nicht nur die schnelle Verlegung von Truppen erschweren. Vom Bahndamm aus können die russischen Angreifer auch benachbarte Siedlungen unter Feuer nehmen. An einzelnen Stellen mussten die Ukrainer offenbar bereits ihre vorderste Linie zurücknehmen. Und der russische Vorstoß bei Otscheretyne ist für die Ukrainer bei Weitem nicht der einzige Frontabschnitt, an dem die Russen massiv angreifen.

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Die Gefahr eines größeren Durchbruchs scheint gegeben, allerdings scheint sich die Hauptkampflinie rund um den neuen Frontvorsprung vorerst stabilisiert zu haben. In den nördlich des Bahndamms gelegenen Ortsteilen kämpfen ukrainische Truppen weiter gegen den russischen Vormarsch an. Aus westlicher Richtung griffen zeitweise auch ukrainische Schützenpanzer vom Typ Bradley ins Kampfgeschehen ein.

Noch ist unklar, ob sich die Russen in Otscheretyne tatsächlich dauerhaft halten können. Auf der Lagekarte mit dem Frontverlauf im Raum Awdijiwka wirkt der neu gewonnene russische Vorposten zwar bedrohlich, zugleich aber auch recht isoliert. Sobald die ukrainischen Munitionsbestände wieder ein wirkungsvolles Abwehrfeuer zulassen, könnte sich die taktisch vorteilhafte Stellung aus russischer Sicht durchaus auch schnell in einen militärischen Albtraum verwandeln.

Quelle: ntv.de

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