Politik

Klage von Holocaust-Überlebenden Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt Rumänien

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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sieht die Rechtfertigung des Obersten Gerichtshofs von Rumänien für die posthume Begnadigung von am Holocaust beteiligten rumänischen Soldaten als "Versuch, die Verantwortung zu verwischen".

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sieht die Rechtfertigung des Obersten Gerichtshofs von Rumänien für die posthume Begnadigung von am Holocaust beteiligten rumänischen Soldaten als "Versuch, die Verantwortung zu verwischen".

(Foto: picture alliance/dpa/KEYSTONE)

Lange Zeit steht Rumänien im Zweiten Weltkrieg auf der Seite Nazi-Deutschlands. Ab 1945 werden rumänische Soldaten deswegen zur Haft im Arbeitslager verurteilt. Jahrzehnte später spricht das Land Begnadigungen aus. Holocaust-Überlebende klagen - und gewinnen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Rumänien wegen eines posthumen Freispruchs für zwei am Holocaust beteiligte Soldaten verurteilt. Bukarest muss den klagenden Holocaust-Überlebenden Leonard Zăicescu und Ana Fălticineanu jeweils 8500 Euro für Kosten und Auslagen zahlen, wie der EGMR in seinem Urteil festlegte.

Die Argumente für die Begnadigung der beiden Männer seien "nichts weiter als Ausreden oder Versuche, die Verantwortung zu verwischen", hieß es weiter. Zwei ehemalige Oberstleutnante der rumänischen Armee waren nach 1945 zu zehn beziehungsweise 15 Jahren Arbeitslager verurteilt worden. Ihnen wurde insbesondere vorgeworfen, an der Deportation rumänischer Juden und dem Iaşi-Pogrom beteiligt gewesen zu sein.

Damals ermordete die den deutschen Nationalsozialisten nahestehende rumänische Regierung tausende Juden. Von den 45.000 Juden der Stadt im Nordosten des Landes starben zwischen 13.000 und 15.000 bei dem Pogrom sowie in sogenannten Todeszügen.

Überlebende erfuhren "durch Zufall" von dem Freispruch

In den 1990er Jahren wurden die beiden Männer vom Obersten Gerichtshof Rumäniens posthum freigesprochen. Die Richter argumentierten, die beiden Offiziere seien "lediglich Befehlen im Kontext der Deportation rumänischer Juden nachgekommen" und seien "in keiner Weise an den Massakern an Juden beteiligt gewesen", die "ausschließlich von Deutschen verübt" worden seien. Der EGMR sprach in diesem Zusammenhang nun von einer "Missachtung allgemein anerkannter historischer Fakten".

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Der 1927 geborene Zăicescu gehörte zu den Überlebenden des Pogroms von Iaşi. Die 1929 geborene Fălticineanu hatte den Holocaust überlebt, indem sie sich über Jahre versteckt gehalten hatte. Die Klägerin und der Kläger, die nach wie vor in Bukarest wohnen, hatten im Jahr 2016 "zufällig" von der Begnadigung erfahren und sich an den EGMR gewandt.

Der EGMR argumentierte, die rumänische Regierung habe "keine relevanten und ausreichenden Gründe vorgelegt", um die "Überprüfung historischer Urteile" zu rechtfertigen. Die Freisprüche seien "übertrieben" und "unnötig" gewesen, argumentierten die Richter in Straßburg. Der Menschenrechtsgerichtshof wurde 1959 in Straßburg von den Mitgliedstaaten des Europarats errichtet, um die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention von 1950 sicherzustellen.

Quelle: ntv.de, mes/AFP

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