Panorama

Uranminen wohl überflutet Russischer Flut-Region droht radioaktive Verseuchung

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Aktuell stehen vor allem Wohngebäude in der Region Kurgan unter Wasser. Das könnte aber bald auch auf Uranminen zutreffen.

Aktuell stehen vor allem Wohngebäude in der Region Kurgan unter Wasser. Das könnte aber bald auch auf Uranminen zutreffen.

(Foto: picture alliance/dpa/Russian Emergencies Ministry)

Schneeschmelze und Regen setzen seit zwei Wochen zahlreiche russische Regionen unter Wasser. Flusspegel erreichen in Windeseile Rekordstände. In Sibirien könnte die große Katastrophe aber erst noch folgen. Berichten zufolge droht Uran dort in Flüsse zu geraten.

Berichten zufolge könnte in den russischen Regionen Tjumen und Kurgan auf die Fluten eine noch größere Katastrophe folgen: die Verseuchung von Flüssen mit Uran. Seit nunmehr zwei Wochen kämpft Russland mit schweren Überschwemmungen, zunächst in der Region um die Stadt Orenburg, später auch in den sibirischen Regionen Kurgan und Tjumen. Infolge der Schneeschmelze und zahlreicher Niederschläge stiegen die Pegel einiger Flüsse massiv an, teils wurden Rekordwerte erreicht. Russische Medien sprachen von einer "Jahrhundertflut mit apokalyptischen Ausmaßen". Mehrere Tausend Häuser standen unter Wasser, viele Tausend Menschen flohen oder mussten evakuiert werden.

Der zuständige Katastrophenschutzminister Alexander Kurenkow erstattete Präsident Wladimir Putin am 17. April Bericht und erklärte, im Gebiet Kurgan müsse mit einem historischen Höchststand der Flut gerechnet werden. Putin rief die Bewohner auf, den Appellen der Behörden Folge zu leisten. "Wir müssen sie davon überzeugen, dass alles geschützt sein wird", so Putin weiter. Für Russland eher atypisch, gab es etwa in der Stadt Orsk Proteste gegen lokale Behörden. Bewohner der betroffenen Regionen warfen ihnen Zögerlichkeit und Fehleinschätzungen der Lage vor.

Uranmine im Überschwemmungsgebiet

Auch in den Regionen Kurgan und Tjumen gibt es infolge des Hochwassers Kritik, allerdings kommt die in erster Linie von Umweltaktivisten und Wissenschaftlern. Denn, so berichtet es das unabhängige russische Investigativ-Medium Agentstwo, die Wassermassen drohen, Uranminen in der Region zu fluten. Es bestehe die Gefahr, dass ein Fluss radioaktiv verseucht wird.

Agentstwo bezog sich für seinen Bericht auf eine von Behörden am 11. April veröffentlichte Karte, berichtet die Moscow Times. Dort ist der Bezirk Swerinogolowskoje als Überschwemmungsgebiet markiert. In diesem Bezirk befindet sich mit Dobrowolnoje eine Uranmine. Die wird demnach von Unternehmen betrieben, die der staatlichen Atomenergiebehörde Rosatom gehören. Alexei Shvarts, ehemaliger Leiter des Regionalbüros von Alexej Nawalny in Kurgan, erklärte, dass es dort Hunderte oder Tausende Bohrlöcher in der Lagerstätte gäbe. Er vermutet, dass infolge der Überschwemmungen radioaktive Stoffe austreten und in den Fluss Tobol gelangen könnten. Da entlang des Flusslaufes viele Hunderttausend Menschen leben, könnten die Auswirkungen verheerend sein. Nach Angaben des Branchenblatts NS Energy Business enthält die Mine schätzungsweise 7077 Tonnen Uran mit einem Gehalt von 0,01 bis 0,05 Prozent, berichtet unter anderem "Newsweek".

Sergej Eremin, Leiter der regionalen Umweltorganisation "Stiftung für die öffentliche Kontrolle des Zustands der Umwelt und des Wohlergehens der Bevölkerung" berichtet laut "Newsweek", ein von einem Anwohner gefilmtes Video zeige, dass ein alter Brunnen, "aus dem seit 35 Jahren [Uran] austritt", scheinbar bereits unter Wasser stehe.

Uran im Wasser - Organschäden drohen

Laut Moscow Times beklagen Umweltschützer seit Jahren, dass sich in der Mine radioaktiver Schlamm ansammle. Proteste gegen die Fortsetzung des Uranbergbaus in der Region seien dem Agentstwo-Bericht zufolge ignoriert worden. Dabei sei sie bereits zuvor einmal geflutet worden. Das war 1994, wie Atomphysiker und Anti-Atomkraft-Aktivist Andrei Ozharowsky gegenüber Agentstwo erklärt. Ozharowsky untersuchte das Gebiet vor einigen Jahren und stellte dabei fest, dass aus einigen Brunnen eine Lösung radioaktiver Salze austreten würde. Die Brunnen seien nicht ordnungsgemäß abgedichtet worden, beklagt er. Die bisherigen Auswirkungen seien überschaubar und der Tobol ein großer Fluss - darin würden die Uransalze stark verdünnt. Aber, so Ozharowsky weiter, "die Konzentrationen sind höher als üblich". "Das ist zweifellos gefährlich, denn einige Menschen werden dieses Wasser trinken, und Uran wird in ihren Körper gelangen. Und eine interne Strahlenbelastung ist viel gefährlicher als eine externe", sagte er.

Die deutsche NGO Foodwatch berichtet, dass Uran im Trinkwasser Nieren, Blut und Knochen schwer schädigen kann. Besonders die Niere reagiere empfindlich auf das giftige Schwermetall. Es könne zu Funktionsstörungen und Nierenkrebs kommen. Allerdings, so wird eingeschränkt, enthalte Trinkwasser von Natur aus Uran. Laut Umweltbundesamt darf der Höchstwert in Deutschland aber bei 10 µg/l liegen.

Rosatom hat die Proteste gegen den Uranabbau in Dobrowolskoje laut Moscow Times bisher als "Strahlenfeindlichkeit in Verbindung mit Unwissenheit" abgetan und behauptet, die Lagerstätte sei durch natürliche Barrieren vollständig vom Fluss Tobol isoliert, sodass mögliche Lecks und Flussverschmutzungen ausgeschlossen seien.

Quelle: ntv.de

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