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Schon wieder harter Krimi-Tobak Darf es am Sonntagabend so heftig zugehen?

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Die Kommissare Lehmann (Peter Schneider, l.) und Koitzsch (Peter Kurth) finden in einer Kleingartenkolonie die Leiche der achtjährigen Inka.

Die Kommissare Lehmann (Peter Schneider, l.) und Koitzsch (Peter Kurth) finden in einer Kleingartenkolonie die Leiche der achtjährigen Inka.

(Foto: MDR / filmpool fiction / Felix Abraham)

Von außen betrachtet muten "Tatort" und "Polizeiruf" oft ziemlich skurril an: Es wird zwar gemordet, trotzdem ist die Stimmung in den meisten Fällen ganz gut. In den letzten Wochen war das anders.

Erst Snuff-Movies in München, dann der Sexualmord an einer Achtjährigen in Halle: Innerhalb von nur zwei Wochen liefen am Sonntagabend zur besten Sendezeit im Ersten zwei Krimis, die mit der merkwürdig heilen Mord-Welt, die "Tatort" und "Polizeiruf" sonst häufig sind, absolut nichts mehr zu tun hatten. Bei Fernsehkritikern und im Netz gleichermaßen führte das zu heftigen Diskussionen, was Zuschauern zugemutet werden darf - und was eben nicht.

Sascha Nathan (r.) spielt in "Der Dicke liebt" einen letztlich unschuldigen Lehrer, der zum Opfer einer Hetzjagd wird.

Sascha Nathan (r.) spielt in "Der Dicke liebt" einen letztlich unschuldigen Lehrer, der zum Opfer einer Hetzjagd wird.

(Foto: MDR / filmpool fiction / Felix Abraham)

Erst entführte "Schau mich an" die Zuschauer in eine düstere Parallelwelt, in der ein Serienkiller seine mörderischen Fantasien nicht nur an Tieren, sondern auch an Menschen auslebte. Die explizite Darstellung von Gewalt und die Thematisierung von Snuff-Videos sorgten für Diskussionen über die Grenzen der Darstellbarkeit solcher Inhalte im Hauptabendprogramm: "Die wirkliche Welt ist ja auch so schon grausam genug, da genügen mir die Nachrichten und Dokus", schrieb eine Zuschauerin am Tag nach der Ausstrahlung auf der ARD-Facebook-Seite. Ein anderer hatte dagegen "eine der besten Folgen der letzten Jahre" gesehen.

Wenige Wochen später sorgte "Der Dicke liebt" schon vor seiner Veröffentlichung für eine ähnliche Kontroverse. In unserem Schnellcheck zu dem Sexualmord-Fall, der eher Drama als Krimi ist, vergaben wir 9 von 10 Punkten, aber nur "solange man mit dem Thema klarkommt, denn viel düsterer als diesmal in Halle (…) wird es derzeit im deutschen Fernsehen nicht".

"Drastisch und belastend"

Der SWR vergab dagegen hin- und hergerissen zum ersten Mal überhaupt keine Wertung: "Das Thema mit dem sexuellen Missbrauch von Kindern ist so drastisch dargestellt, dass wir beides nicht mit der üblichen Elche-Bewertungsskala fassen können: als Krimi gut, in der Darstellung des Missbrauchs drastisch und belastend." Der zuständige Kritiker Stefan Scheurer fügte sogar noch an: "Mir ging es nach den 90 Minuten sehr schlecht." Und Peter Schneider, der im "Polizeiruf" Kommissar Lehmann spielt, sagte: "Mir ging dieser Fall übrigens auch als Schauspieler ziemlich an die Nieren … Ich bin Papa von zwei Töchtern. Das ist schon sonderbar, was so ein Stoff mit einem macht."

Klar ist, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht nur unterhalten darf, er muss laut Programmauftrag auch bilden und informieren. Die entscheidende Frage ist also: Wie viel Realismus und Härte darf in der Primetime gezeigt werden, ohne das Publikum zu sehr zu verstören? Und wie viel muss rein, weil die echte Welt ja auch kein Ponyhof ist und die gezeigten Fälle reale Vorbilder haben? Eine Gratwanderung, bei der Macher und Zuschauer gleichermaßen gefragt sind, ihre eigenen Grenzen zu erkennen und zu respektieren. So wie der Kritikerkollege vom SWR, dem es mittlerweile hoffentlich wieder besser geht.

Quelle: ntv.de

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