Wirtschaft

Hyatt-Chef im Interview "Wir profitieren vom Trend zu Luxusreisen"

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Hyatt ist auf Wachstumskurs.

Hyatt ist auf Wachstumskurs.

(Foto: REUTERS)

Hyatt Hotels ist eine der größten Hotelketten der Welt - und will vor allem im Luxussegment weiter wachsen. In einem ihrer seltenen Interviews sprechen Hyatt-Chef Mark Hoplamazian und Europa-Chef Javier Águila über die Pläne für Deutschland.

Die Lobby des Fünf-Sterne-Hotels Grand Hyatt in Berlin-Mitte ist mit hellem Holz vertäfelt. Auf dem grünen Steinboden liegen lila Teppiche, durch ein gläsernes Dach fällt Tageslicht herein. Geschäftsleute und Hotelgäste sitzen eingesunken in grünen Samtsofas.

Direkt nebenan in einem fensterlosen Raum sitzt CEO Mark Hoplamazian. Deutschen Medien gibt er selten Interviews. Doch sieben Jahre, nachdem Hyatt eine große Umstrukturierung begonnen hat, will er über die neue Strategie seines Unternehmens sprechen. Seit 18 Jahren steht er an der Spitze der 1957 gegründeten Hotelkette, die mittlerweile ein Portfolio von mehr als 1300 Hotels umfasst und 51.000 Angestellte beschäftigt.

Neben Hoplamazian sitzt Javier Águila, Chef der Region Europa, Afrika und Mittlerer Osten bei Hyatt. Auch zwei Mitarbeitende der Kommunikationsabteilung sind dabei. In der Mitte des großen dunklen Holztischs stehen Frühlingsblumen, Wasserflaschen und eine Karaffe mit Orangensaft, der Raum ist nur schwach beleuchtet. Während des Interviews legen Hoplamazian und Águila ihre iPads beiseite, stattdessen greifen sie zu Espresso.

Herr Hoplamazian, die Hyatt-Aktie ist seit Monaten im Aufschwung, Ende Februar hat sie einen Rekordwert erreicht. Liegt das daran, dass es der Reisebranche nach dem Corona-Einbruch endlich wieder gut geht oder ist Hyatt gerade auf besonderem Erfolgskurs?

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Mark Hoplamazian: Beides. Der gesamten Branche geht es besser, aber wir haben auch als Unternehmen einen massiven Wandel durchgemacht. Lange Zeit hat unser Unternehmen die meisten Hyatt-Hotels im eigenen Besitz gehabt, aber 2017 haben wir eine strategische Neuorientierung angekündigt und angefangen unsere Vermögenswerte zu verkaufen. Uns gehören jetzt zwar immer noch einige Hotels, aber unser Geschäft ist weniger kapitalintensiv. Insgesamt haben wir uns sehr konsequent auf das obere Segment jeder Hotelkategorie konzentriert, die die überwiegende Mehrheit unseres Geschäfts ausmachen. Wir sind aus der Pandemie stärker hervorgekommen und wachsen schneller als unsere Wettbewerber.

Hyatt gehört bislang zu den ersten Adressen für Geschäftsreisende. Ihre neue Strategie konzentriert sich nun auf Luxus, Freizeit und Lifestyle. Welche Häuser haben Sie denn verkauft?

Hoplamazian: Innerhalb von fünf Jahren haben wir uns von Eigentum im Wert von 4 Milliarden Dollar getrennt aus einem sehr diversen Portfolio. Darunter waren Business- und Messehotels, aber auch Resorts. 3,5 Milliarden Dollar haben wir in neue Wachstumsbereiche investiert. Dadurch haben wir die Zahl unserer Zimmer in Luxushotels verdoppelt, die in Resorts verdreifacht und die in Lifestyle-Hotels verfünffacht. Mehr als 40 Prozent unseres Portfolios ist nun in diesen Bereichen angesiedelt, deswegen profitieren wir überproportional vom aktuellen Trend zu privaten Luxusreisen. Reinvestiert haben wir aber nicht direkt in Hotels, sondern in Marken und Managementplattformen.

Was steckt hinter diesen Managementplattformen?

Mark Hoplamazian ist seit 2006 Chef von Hyatt Hotels.

Mark Hoplamazian ist seit 2006 Chef von Hyatt Hotels.

(Foto: Hyatt)

Hoplamazian: Es gibt unterschiedliche Modelle, mit denen große Marken die Hotels der Eigentümer vermarkten. Klassischerweise bieten Unternehmen wie wir ihnen Management- oder Franchiseverträge, mit denen wir den Vertrieb und Betrieb des Hotels übernehmen. Bei Hyatt sprechen wir vom Netzwerkeffekt: Wir wachsen in Märkten, in die unsere Gäste zwar schon reisen, in denen wir aber noch keine Hotels haben. In Europa und dem Mittleren Osten haben wir gerade zum Beispiel mehr als 70 Hotels geplant. Wir werden Hotels in 29 neuen Märkten eröffnen, in denen wir bisher nicht vertreten sind. Die Hotels gehören nicht uns, sondern Dritten, aber uns gehören die Marken und die Managementplattform. Je mehr Märkte wir über unsere Hyatt-Plattform abdecken können, desto höher ist der Anteil am Reisevolumen, den wir für uns erschließen können. Das macht auch den Netzwerkeffekt für Gäste und Hoteleigentümer attraktiver.

Sie hatten die gerade beschriebene Transformation angestoßen, da brach die Pandemie aus. Welche Auswirkungen hatte das auf Ihre Pläne?

Hoplamazian: Auf menschlicher Ebene war es eine schreckliche Zeit. Wir mussten viele Mitarbeitende entlassen, von denen wir aber später viele auch wieder eingestellt haben. Aber das Positive an Covid war, dass wir uns neue Fähigkeiten aneignen mussten. Unser Kundenstamm bestand zum größten Teil aus Geschäftsleuten, und die sind nicht mehr gereist, also mussten wir unsere Nachfrage woanders suchen. Außerdem haben wir mit der Apple Leisure Group im Herbst 2021 eine unserer größten Übernahmen getätigt. Durch den Erwerb konnten wir auf einen Schlag die globale Präsenz von Hyatt im Resort-Segment verdoppeln. Das war mitten in der Pandemie. Rückblickend könnte man fragen: Was habt ihr euch dabei gedacht? Aber tatsächlich war es eine der besten Akquisitionen.

Was macht Sie da so sicher?

Hoplamazian: Wir haben uns die großen Krisen der vergangenen Jahrzehnte angeschaut: den ersten Golfkrieg, die Terroranschläge von 9/11, die Finanzkrise und Covid. Der Trend dabei war immer: Selbst wenn die Reisebuchungen im Gesamtmarkt massiv eingebrochen sind, liefen Luxusprivatreisen immer noch sehr gut. Weltweit waren es die Privatreisen, die nach der Pandemie wieder kräftig angezogen sind. Für den stärksten Wachstumsschub sorgt aktuell die Kombination beider Trends - das sind luxuriöse Ferienreisen.

Derzeit gibt es viele Krisenherde und geopolitische Spannungen. Wie machen die sich für ihre Kette bemerkbar?

Hoplamazian: Es gab Mikroauswirkungen, die Nachfrage nach Resorts in Ägypten und Jordanien hat sich zum Beispiel auf die Kanarischen Inseln verlagert. Es gab aber keine negativen Auswirkungen auf die Gesamtnachfrage.

Águila: Der ägyptische und der türkische Markt bewegen sich seit 20 Jahren auf und ab, abhängig von ihrem geopolitischen Umfeld. Aber eine unserer Stärken ist, dass wir unseren Kunden immer eine Alternative bieten können.

Unabhängig jeglicher Krisen können Sie kräftige Preiserhöhungen durchsetzen. Im vergangenen Jahr hat Hyatt mit jedem Zimmer 17 Prozent mehr Umsatz gemacht.

Hoplamazian: Ja, die Durchschnittspreise und Margen sind höher. Unsere Marge ist um drei Prozentpunkte gestiegen gegenüber der Zeit vor der Pandemie.

Welche Aufschläge können Sie Ihren Kunden noch zumuten?

Hoplamazian: Wir muten sie ihnen nicht zu, wir reagieren auf den Markt. Das Wachstum des Angebots und neuer Hotels ist sehr gering, aber die Nachfrage relativ hoch. Das bedeutet, dass im Markt höhere Preise durchgesetzt werden können. In Summe mag der Anstieg jetzt außergewöhnlich hoch wirken, aber wenn man die Preissteigerungen über den Zeitraum von 2019 bis 2024 im Durchschnitt ermittelt, entspricht das ungefähr dem Inflationsanstieg. Die Preise kehren auf ein Niveau zurück, auf dem man sie sowieso erwartet hätte, wenn das Umfeld normal gewesen wäre. Da das Neuangebot in fast allen Märkten noch gering ist, wird sich die Preisdynamik fortsetzen. Denn die Nachfrage wächst weiterhin schneller als das Angebot.

Seit sieben Jahren wächst Hyatt stärker als alle anderen Hotelkonzerne: Sie haben viel mehr Zimmer hinzubekommen, vor allem im Luxussegment, und weitere 650 Neueröffnungen standen Ende 2023 noch aus.

Hoplamazian: Ja. Gerade haben wir weltweit 127.000 Zimmer in der Pipeline, was 40 Prozent unseres aktuellen Portfolios entspricht - ein neuer Rekord für uns.

2023 haben Sie vor allem in Asien viele Luxushotels eröffnet. Welches Potenzial sehen Sie dort?

Hoplamazian: Wenn man den Anteil des Luxussegments in Asien mit dem in Europa und den USA vergleicht, ist Asien der stärkste Markt. Das trägt auch zu unserem Renommee bei. Die Marke Grand Hyatt wird zum Beispiel seit 17 Jahren in Folge von Geschäftsreisenden in ganz Asien als Nummer eins bewertet. Das liegt daran, dass wir ganz bewusst in jedem wichtigen Markt von Tokio bis Mumbai Grand Hyatt Hotels eröffnet haben.

Wo verdienen Sie aktuell am meisten Geld?

Hoplamazian: Mit Abstand in den USA, wo wir die meisten Hotels haben. Als zweites kommt China, dann Mexiko. Unter den Top 20 sind vier europäische Länder.

Herr Águila, als Europa-Chef haben Sie auch den deutschen Reisemarkt im Blick, einen der stärksten Reisemärkte weltweit. Wie viel Potenzial sehen Sie hier für Hyatt - sowohl als Standort als auch für Buchungen in anderen Ländern?

Javier Águila verantwortet für Hyatt die Hotels in Europa, Afrika und dem Mittleren Osten. Vorher gründete er eine spanische Hotelgruppe, die 2019 von der Apple Leisure Group übernommen wurde. Seit 2021 gehört die Apple Leisure Group zu Hyatt.

Javier Águila verantwortet für Hyatt die Hotels in Europa, Afrika und dem Mittleren Osten. Vorher gründete er eine spanische Hotelgruppe, die 2019 von der Apple Leisure Group übernommen wurde. Seit 2021 gehört die Apple Leisure Group zu Hyatt.

(Foto: Hyatt)

Javier Águila: Wir profitieren schon sehr von unserer Kooperation mit Lindner Hotels, durch die wir 30 Hotels in Deutschland dazugewonnen haben. Teil der Strategie ist auch, die Kunden in diesem Segment etwa für unsere Resorts auf den Kanarischen Inseln zu gewinnen. Wir haben hier noch viel Wachstumspotenzial. Dabei geht es übrigens nicht nur darum, in der Anzahl zu wachsen, sondern auch in bestimmten Nischen. Im Lifestyle-Bereich sind wir zum Beispiel viel stärker als die Konkurrenz und könnten gut noch ein paar Hotels in diesem Segment in Deutschland eröffnen.

Welche Neueröffnungen in Deutschland sind schon geplant?

Águila: Dieses Jahr eröffnen wir mit der Marke JdV by Hyatt Hotels in Berlin, Stuttgart, Leipzig und Hamburg. In Frankfurt am Main kommen außerdem bald ein Kennedy89 und ein Hyatt House dazu und wir planen in naher Zukunft ein Hyatt Regency in Hamburg zu eröffnen. An ein paar weiteren Projekten arbeiten wir gerade noch, es bleibt also spannend.

Wie viel möchten Sie in Deutschland und Europa investieren?

Águila: Wir können keine genauen Zahlen nennen, aber unsere Ambitionen sind sehr hoch. Seit 2017 ist unsere Präsenz in der Region um 79 Prozent gewachsen und wir wollen die Geschwindigkeit noch erhöhen. Es gibt viele Standorte, an denen wir bisher gar nicht präsent sind und es gibt viele für uns schon relevante Marken, mit denen wir noch wachsen können.

Mit Mark Hoplamazian und Javier Águila sprach Victoria Robertz

Das Interview erschien zuerst bei capital.de

Quelle: ntv.de

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