Wirtschaft

Deutscher Marktanteil stagniert Chinas E-Autobauer kleben am Startblock fest

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Der chinesische Autobauer BYD verfügt über mehrere eigene Frachter, mit denen er seine Expansion voranzutreiben versucht.

Der chinesische Autobauer BYD verfügt über mehrere eigene Frachter, mit denen er seine Expansion voranzutreiben versucht.

(Foto: picture alliance/dpa)

Das Datum für die Beerdigung des Verbrenners steht, dem Elektroauto soll auf deutschen Straßen die Zukunft gehören. Immer wieder wird gewarnt: Chinesische Hersteller würden im Zuge dieser Transformation den Pkw-Markt übernehmen. Doch in der Zulassungsstatistik ist davon noch nichts zu sehen.

Als Anfang des Jahres in Bremerhaven Tausende Elektroautos des chinesischen Herstellers BYD von dessen Frachter rollten, verstanden viele das als Bedrohung: ein riesiges Schiff, eigens erbaut für die Eroberung Europas. Doch die Erzählung von den günstigen chinesischen E-Autos, die den europäischen Markt übernehmen, ist nicht neu.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte bereits Ende vergangenen Jahres in ihrer Rede zur Lage der Union gewettert, chinesische Hersteller würden die Weltmärkte überschwemmen. Möglich sei das nur dank gewaltiger staatlicher Subventionen. Seitdem werden auch in Deutschland immer wieder Strafzölle gefordert. Auf den Straßen ist von Chinas Vorherrschaft allerdings noch immer nichts zu sehen.

Die Zahl der in Deutschland neu zugelassenen Wagen zeigt: Im ersten Quartal dieses Jahres stieg der Anteil chinesischer Fabrikate an allen neu angemeldeten E-Autos nur geringfügig - laut Daten des Kraftfahrzeugbundesamtes von 4,5 Prozent auf 5 Prozent. Die absolute Zahl ging sogar leicht zurück.

Auch Tesla musste Infrastruktur erst mühsam aufbauen

Gründe für die ausbleibende Marktübernahme gibt es viele. Den chinesischen E-Autobauern fehle derzeit vor allem die Infrastruktur, um massenhaft nach Deutschland zu exportieren, sagt Frank Schwope im Gespräch mit ntv.de. Der Autoexperte lehrt an der Fachhochschule des Mittelstands in Hannover. Mit dem Transport der Fahrzeuge nach Europa sei es nicht getan, so Schwope. Danach ginge die Arbeit erst richtig los: "Sie können ja nicht sagen, ich bringe jetzt mal 3000 Autos mit einem Frachter nach Bremerhaven und verkaufe die dann vom Hafen aus", umreißt Schwope die Größe der Aufgabe, vor der die chinesischen Hersteller jetzt stehen.

Polestar, BYD und den anderen fehlten die nötigen Strukturen für Transport, Vertrieb, Werkstätten und Service. In all diesen Bereichen müssen Netzwerke aufgebaut werden, um große Mengen an Fahrzeugen nach Deutschland und dort an die Menschen zu bringen, um Autos zu reparieren und die Kunden zu betreuen. "Das ist ein jahrelanger Prozess", sagt Schwope. Auch Tesla etwa habe dieses Netz aus Vertragshändlern, Ladestellen und Hotlines erst mühsam aufbauen müssen.

Dass die Kundschaft möglicherweise vor chinesischen Autos zurückschreckt, weil sie aus China kommen? Für Schwope unwahrscheinlich: "Die Leute kaufen koreanische Autos, die Leute kaufen japanische Autos. Warum sollen sie keine chinesischen Autos kaufen?" Im Luxussegment spiele die emotionale Bindung zu deutschen Marken zwar eine Bedeutung. Aber wer einen Mazda in Erwägung ziehe, für den sei der Schritt zu einem ausgereiften chinesischen Elektroauto nicht mehr weit. Wenn der dann noch 5000 Euro weniger koste, sei das ein überzeugendes Kaufargument.

Wollen Citroën und Co. abgeschirmt werden?

Bis dieser Preisunterschied seine volle Wirkung entfalten kann, dürfte es laut Schwope noch ein wenig dauern. Die generelle Zurückhaltung beim E-Autokauf, gekappte Prämien, verunsichernde Preisnachlässe und der ungewisse Zeitpunkt des Ausstiegs aus dem Verbrenner: Das Jahr 2024 werde für die Elektromobilität ein Durchhängerjahr, sagt Schwope: "Aber 2025 ist da auch von chinesischen Herstellern einiges zu erwarten, falls die Politik nicht hohe Strafzölle verhängt."

Schwope beobachtet in Europa das Verlangen nach einer schützenden Hand über dem hiesigen E-Automarkt. Während die chinesischen Autobauer für Mercedes und Co. hierzulande keine ernsthafte Konkurrenz darstellten, stünden Marken wie Citroën, Peugeot oder Fiat vor einer Herausforderung: Ihre Kundschaft dürfte offen sein für günstige, ausgereifte E-Autos aus China. Die französische und italienische Autoindustrie habe deshalb ein Interesse daran, abgeschirmt zu werden.

Genau das fürchten deutsche Hersteller. Die Chefs von Mercedes, BMW und VW sprechen sich klar gegen Strafzölle aus. Sollte die Europäische Union chinesischen Herstellern Abgaben aufzwingen, würde China wohl dasselbe tun und damit vor allem Porsche, BMW, Audi, Mercedes und VW empfindlich treffen. Citroën, Renault und Fiat dagegen könnten Eintrittsbeschränkungen für den chinesischen Markt egal sein: "Die haben da nie richtig einen Fuß in die Tür gekriegt", sagt Schwope.

Wie berechtigt die Furcht vor der anrollenden chinesischen E-Auto-Welle ist, wird sich erst in den kommenden Jahren absehen lassen; wenn BYD und Co. ausreichend Autohäuser, Werkstätten und Ladestellen gefunden haben, die ihre Wagen verkaufen, reparieren und betanken. Dann wird sich zeigen, ob Citroën, Fiat und Renault und möglicherweise sogar VW, Mercedes und Audi unter die chinesischen E-Auto-Reifen kommen.

Quelle: ntv.de

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