Panorama

Eine für alle Katarina Witt im Badezimmerspiegel

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Die Kati - ob sie damals eine Ikone sein wollte, in ihren jungen Jahren, darf bezweifelt werden.

Die Kati - ob sie damals eine Ikone sein wollte, in ihren jungen Jahren, darf bezweifelt werden.

(Foto: imago/Ulli Winkler)

Wann haben Sie das letzte Mal eine Ikone gesehen? Eislauf-Ikone (!) Katarina Witt hat darauf eine sehr einfache Antwort. Wem die Antwort nicht so leichtfällt, dem sei diese Kolumne ans Herz gelegt und eine Ausstellung, in der Sie auf jeden Fall Ikonen begegnen werden.

Katarina Witt sieht jeden Morgen eine Ikone. Sich selbst, im Spiegel. Das hat sie bei der Eröffnung der Ausstellung "Iconic - A Timeless Journey of Culture, Society and Mobility" auf die Frage geantwortet, wann Sie denn das letzte Mal einer Ikone begegnet sei. "Jeden Morgen im Spiegel", hat sie gesagt. Alle haben gelacht, natürlich, so sympathisch wie die ehemalige Eislaufprinzessin mit ihrem Status kokettiert hat, kein Wunder. Für den ebenfalls anwesenden Mousse T. ist Tom Jones eine Ikone und für einen Mitarbeiter von VW ist es der Käfer. Das Auto. Aber auch der Golf. Ein Wunder, wie er zu bedenken gab, denn wie viele Ikonen kann ein einziger Hersteller denn produzieren? Die Antwort ist kein Geheimnis, keine Werbung, das ist allgemeines Kulturgut inzwischen, denn alle wissen: Volkswagen konnte das. Erst Käfer, dann Golf.

Zwei wirklich schöne Menschen.

Zwei wirklich schöne Menschen.

(Foto: imago/United Archives)

Wenn man einmal eine Ikone war, bleibt man dann eigentlich immer eine? Und kann man sich selbst demontieren? Vom Sockel schubsen? Obwohl andere einen ja zur Ikone gemacht haben, nie man selbst. Das Ikonische ist das, was von außen an uns herangetragen wird. Meine Ikone ist Romy Schneider, habe ich überlegt, als ich gefragt wurde, wer das denn sein könnte. Ihre Eleganz, ihr Augenaufschlag, ihre Stimme, die Art, wie sie sprach, ihre zeitlose Schönheit, das ist unerreichbar. Oder ist das Quatsch, sie ist schon so lange tot, ich bin jetzt älter als sie zum Zeitpunkt ihres Sterbens, was ist daran bitte ikonisch?

Wie altert eine Ikone?

Anna Wintour - Ikonen sind verlässlich.

Anna Wintour - Ikonen sind verlässlich.

(Foto: imago/PanoramiC)

Auch Josephine Baker ist eine Ikone: Sogar eine "Icon in Motion", so heißt zumindest eine noch laufende Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie (und wenn ein Gebäude ikonisch ist, dann dieses!) in Berlin. Baker war nicht nur Künstlerin, sondern auch Widerstandskämpferin, Bürgerrechtsaktivistin, Adoptivmutter. Sie ist bis heute eine Inspirationsquelle, wie Romy Schneider. Mutter Teresa. Lady Di. Lucy von den Peanuts. Catherine Deneuve. Alain Delon. Obwohl, der Arme: Wenn ein Mann mal so schön war, so unwiderstehlich und cool, dann altert es sich auch schwer. Wenn man dann dement im Sessel hockt, die Kinder sich ums Erbe streiten, das ist wahrlich wenig ikonisch.

Die Deneuve, sicherlich mannigfaltig bearbeitet, bekommt das relativ gut hin, den Kopf oben zu behalten, auch Sophia Loren, und ein Friedrich Liechtenstein, dessen Spruch: "Du bist ein sehr, sehr geiler Typ, wie du das alles immer hinbekommst!" in die Geschichte eingegangen ist, hat auch Kultstatus. Und stopp, das ist was anderes, Kult und Ikone. Wir bleiben beim großen I.

Eine Ikone ist man auch, wenn man von hinten sofort erkannt wird.

Eine Ikone ist man auch, wenn man von hinten sofort erkannt wird.

(Foto: imago/photothek)

Das passt zu Anna Wintour, die mit ihrer stoischen Topffrisur und der ewigen Sonnenbrille etwas Ikonisches hat. Aber das allein wird nicht reichen, es muss eine Überzeugung dazu, ein inneres Leuchten. In der Ausstellung hängt auch ein Bild von Angela Merkel, und wenn man nun eines von Angela Merkel nicht sagen kann, dann, dass sie ein Fan-Girl ist. Aber dieses Strahlen, das sie Barack Obama schenkt, in den guten alten Zeiten, als man sich noch traf und nicht über Krieg sprechen musste, jedenfalls nicht über den um die Ecke, da hat dieser leuchtende Blick von ihr etwas geradezu Ikonisches.

Und auch die Zeit, für die dieses Bild steht. Fast kommt es einem ewig her vor. Hat sie Donald Trump jemals so angesehen? Nein, aber Joe Biden auch nicht. Mit diesem Blick hat sie nur Männer wie Obama, Trudeau, Macron, selbst Sarkozy geadelt.

Menschen, Dinge, Sensationen

Sucht man "Icon", dann bietet das Internet auch folgende Erklärung: "Kleines Symbol mit großer Wirkung. Icons vermitteln eine Aussage und sind in jeder Sprache oder Kultur verständlich. Im besten Fall sogar ohne weiteren Text." Wenn Sie also einen Kussmund geschickt bekommen, dann weiß wirklich jeder auf der Welt, ah, Zuneigung ist im Spiel. Unnötig zu erklären, was das Icon mit dem gereckten Mittelfinger Ihnen sagen soll.

Ihren Käfer konnte die Kolumnistin früher oft selbst reparieren. Und in ihn einbrechen, wenn der Schlüssel steckte ...

Ihren Käfer konnte die Kolumnistin früher oft selbst reparieren. Und in ihn einbrechen, wenn der Schlüssel steckte ...

(Foto: imago stock&people)

Aber was ist ikonisch, wenn es um Dinge geht? Wenn es sich um einen Porsche, einen Beetle, eine MTV-Leuchtreklame, ein Bild von Karl Lagerfeld oder einen Schriftzug auf einer kleinen Glasflasche handelt, die ein koffeinhaltiges Erfrischungsgetränk enthält und die man schon aus der Ferne erkennt, selbst wenn die Schrift auf der Flasche arabisch, hebräisch oder chinesisch ist. Oliver Blume, Vorstandsvorsitzender der Volkswagen Group, erklärt sich das so: "Diese Produkte sind Ausdruck unseres einzigartigen Erbes. Sie begeistern Menschen seit Generationen und prägen den Zeitgeist über Dekaden." Kleine bauchige, aber elegante Glasflasche bedeutet meist Coca-Cola. Und was dann passiert, ist auch typisch: Man hat Assoziationen. Zu Eiswürfeln, Zitronen, einem Erlebnis, einer bestimmten Zeit. Ikonen passieren in unseren Köpfen.

Was macht nun einen Porsche 911, einen Lamborghini Countach oder - ja - auch einen Golf zu einer Ikone? Warum ist ein anderes Auto - ich möchte jetzt niemanden verletzten, aber ein Renault Clio wird, auch wenn Millionen Menschen einen solchen fahren - keine Ikone? Und wird es wohl auch nie werden? Eine Ikone muss eine Galionsfigur sein, etwas, das man sein oder haben will, vielleicht sogar etwas Unerreichtes? Aber dann wäre es ja nicht der Golf. Da muss dann noch was anderes dran sein: Zeitlosigkeit, wie bei Design-Objekten, die jede Epoche überstehen, wie ein Barcelona Chair (der von Mies van der Rohe) oder ein Montblanc-Füllhalter? Oder ein Burberry-Trenchcoat - tausendfach kopiert, nie erreicht. Werte müssen dahinterstehen, genau, da kommen wir der Sache schon näher.

Ikonisches Sächseln

Es war eine besondere Zeit.

Es war eine besondere Zeit.

(Foto: IMAGO/ITAR-TASS)

Und deswegen passt an dieser Stelle auch wieder der Bogen zu Katarina Witt: Die hat sich ja nicht selbst zur Ikone gemacht, sondern wurde von außen so gesehen. In ihrem Fall hat sie es sogar geschafft, ein Land zu verbinden, denn das geteilte Deutschland hat "die Witt" als die ihre angesehen und angehimmelt. Da war eine aus dem Osten, die hat die Carmen aufs Eis gekratzt wie keine andere. Und die hat so unbekümmert vor sich hingesächselt, dass es schon fast sexy war. Zumindest nach außen wirkt es so, als hätte sie sich ein Stück dieser Unbekümmertheit bewahrt. Und das Sächseln ist auch immer noch da. Und irgendwie ikonisch.

Die Ausstellung "A Timeless Journey of Culture, Society and Mobility" in der Berliner Friedrichstraße im "Drive" läuft noch bis zum Jahresende, der Eintritt ist frei.

Quelle: ntv.de

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