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Licht und Schatten Fahrt mit Mercedes CLE Cabriolet - noble Luftnummer

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Mit sportiver Front ist der offene Mercedes CLE durchaus attraktiv. Fahrwerksseitig ist das mindestens zwei Tonnen schwere Cabriolet allerdings eher komfortabel als drahtig abgestimmt.

Mit sportiver Front ist der offene Mercedes CLE durchaus attraktiv. Fahrwerksseitig ist das mindestens zwei Tonnen schwere Cabriolet allerdings eher komfortabel als drahtig abgestimmt.

(Foto: Patrick Broich)

Mercedes reduziert zwar die Anzahl der Cabriolets, aber schiebt das Thema nicht völlig in die Luxusecke ab. Wobei Luxus wiederum relativ ist. ntv.de hat das CLE Cabriolet erstmals gefahren, das sich irgendwo zwischen Erschwinglichkeit und Luxus einordnet.

Offen fahren ist eine ganz schön exklusive Angelegenheit geworden. An allen Ecken und Enden streichen die Autohersteller Cabrios weg oder haben es bereits getan. Vorbei die Zeiten, als Brot- und Butter-Marken halbwegs erschwingliche Kleinwagen mit versenkbarem Dach im Angebot hatten (zum Glück gibt es noch den Mazda MX-5, aber der ist auch nicht mehr richtig günstig). Und auch die Luxushersteller reduzieren ihre offenen Offerten.

Eine schöne Cabriolinie ist bei Mercedes Pflicht. Es gibt natürlich auch einen Überrollbügel. Der würde im Falle eines Unfalls zackig herausspringen wie erstmals beim SL der Baureihe W129 im Jahr 1989.

Eine schöne Cabriolinie ist bei Mercedes Pflicht. Es gibt natürlich auch einen Überrollbügel. Der würde im Falle eines Unfalls zackig herausspringen wie erstmals beim SL der Baureihe W129 im Jahr 1989.

(Foto: Patrick Broich)

So macht es ja auch Mercedes mit dem CLE. Die Schwaben fassen in ihrem neuesten offenen Produkt C- und E-Klasse zusammen, wobei dieses Narrativ eher im Reich des Marketings zu verorten ist. Denn in Wirklichkeit handelt es sich beim CLE um eine E-Klasse ohne Superscreen (keine Sorge, es bleibt genügend Display übrig), wie an der properen Länge von 4,85 Metern abzulesen ist.

Und bevor es jetzt ins Auto geht, noch ein kurzer Blick auf die Preisliste. Leider ist selbst die Basis, also der CLE 200, doch eher ein kostspieliges Vergnügen mit einem Einstiegspreis von 66.402 Euro. Vielleicht lässt sich da noch etwas mit einer halbwegs erträglichen Leasingrate deichseln im Doppel-Normalverdiener-Haushalt, falls die Kinder schon auf eigenen Füßen stehen. Aber der feine Sechszylinder ist mit 88.357 Euro schon eher abgehoben.

Wie könnte man einen Sonnenuntergang schöner genießen als unter freiem Himmel in einem feinen Mercedes-Cabriolet?

Wie könnte man einen Sonnenuntergang schöner genießen als unter freiem Himmel in einem feinen Mercedes-Cabriolet?

(Foto: Patrick Broich)

Wer automobil auf der Sonnenseite unterwegs sein möchte, muss es wohl auch finanziell. Aber jetzt bitte nur nicht runterziehen lassen davon und lieber das Verdeck öffnen. Zum Glück spielt das Wetter mit. Schon nach 20 Sekunden sitzt man unter freiem Himmel. Und das dicke Stoffverdeck lässt sich sogar bis 60 km/h öffnen und schließen. Traditionell lässt sich die Sturmstärke bei Mercedes mit verschiedenen Mitteln justieren. Per Knopfdruck fährt das Windschott auf Wunsch hoch oder wieder herunter, und dann gibt es ja noch so eine Art ausfahrbaren Windabweiser (der übrigens ziemlich hässlich aussieht) im Bereich der Frontscheibenoberkante, um die Zugluft zu reduzieren.

Die volle Sturm-Dröhnung gibt es in der zweiten Reihe

Es gibt zwar genügend Display im CLE, aber eben keinen "Superscreen" wie in der E-Klasse. Das Fahrvergnügen wird dadurch wahrlich nicht geschmälert.

Es gibt zwar genügend Display im CLE, aber eben keinen "Superscreen" wie in der E-Klasse. Das Fahrvergnügen wird dadurch wahrlich nicht geschmälert.

(Foto: Mercedes)

Aber ich möchte gerne die volle Sturm-Dröhnung. Wenn schon Cabrio, dann auch richtig. Und ehrlich gesagt könnte es vorn ruhig noch ein bisschen mehr stürmen, aber ein nobles CLE Cabriolet ist eben auch kein britischer Roadster aus den Sechzigerjahren. Und wer weiß, ob zu viel wirbelnde Frischluft bei der Hauptklientel überhaupt ankommen würde.

Kleiner Tipp: Wer sich in den für Cabrio-Verhältnisse übrigens recht geräumigen CLE-Fond setzt, bekommt natürlich viel mehr Wind ab. Und falls es zu viel (oder zu kalter) Wind sein sollte, dann lässt sich dieser missliche Umstand mit dem sogenannten "Airscarf" abmildern. In diesem Fall strömt aus dem Bereich der Kopfstützen einfach warme Luft in Richtung Nacken. Dieses geniale Gadget bietet Mercedes schon seit den Nullerjahren an. Allerdings bloß für die vorderen Sitzplätze.

Das CLE Cabriolet bietet seinen Fondpassagieren zwei ordentlich dimensionierte Plätzchen.

Das CLE Cabriolet bietet seinen Fondpassagieren zwei ordentlich dimensionierte Plätzchen.

(Foto: Mercedes)

Eine noch viel längere Tradition hat der bei den Untertürkheimern berühmte Gurtbringer: So fährt der wegen fehlender B-Säule tief und damit unpraktisch angebrachte Gurt per Elektromotor surrend Richtung Schulter, damit die Passagiere ihn einfacher greifen können.

Aber wie fährt der CLE überhaupt? Ziemlich ausgewogen, muss man sagen. Elektronisch adaptive Dämpfer mit getrennter Regelung der Druck- und Zugstufe (1071 Euro extra) lassen die offene Businessklasse entspannt über Bodenwellen rollen und verströmen insgesamt einen komfortablen Eindruck. So ist der CLE ein dankbares Tool, um auch mal ein verlängertes Wochenende inklusive Ausflug zu einem weiten Ziel kommod bestreiten zu können, falls 385 Liter Kofferraumvolumen reichen sollten.

Muss es der Sechszylinder sein?

Wo "450" draufsteht, steckt ein kultivierter Reihensechszylinder unter der Haube. Mit ihm bereitet das Offenfahren freilich den größten Spaß.

Wo "450" draufsteht, steckt ein kultivierter Reihensechszylinder unter der Haube. Mit ihm bereitet das Offenfahren freilich den größten Spaß.

(Foto: Patrick Broich)

Bleibt die Frage, ob Antriebsgourmets ebenfalls auf ihre Kosten kommen. Mit dem Reihensechszylinder definitiv, der den Vortrieb mal sportiv und mal sonor klingend (je nach Last und Drehzahl) begleitet. Und der drei Liter große 381-PS-Turbomotor treibt den Souveränitätsfaktor des Cabriolets auf die Spitze. Allerdings wirkt der 2,1-Tonner weniger giftig-quirlig als vielmehr verbindlich-druckvoll, wenngleich er die 100-km/h-Marke binnen 4,7 Sekunden erstürmt (und 250 km/h in der Spitze schafft). Kann man auch vierzylindrig glücklich werden? Ehrlich gesagt: ja. Denn der Sturm übertönt die Maschinengeräusche zumindest beim offenen Fahren.

Das gilt auch für den Diesel 220d, der leistungsmäßig am schwächsten aufgestellt ist mit 197 PS, dafür aber in puncto Drehmoment (440 Newtonmeter) fast an den Sechszylinder (500 Newtonmeter) heranreicht - allerdings auf einem niedrigeren Drehzahllevel. Allerdings passt der mitunter (vor allem unter Last) auch mal kernig klingende vierzylindrige Selbstzünder mit zwei Litern Hubraum akustisch nicht unbedingt in die Genusswelt eines Cabrios. Aber dennoch schön, dass es ihn gibt für die Tank-Knauserer der Nation.

Den unattraktiv aussehenden Windabweiser bietet auch das auf die interne Bezeichnung A236 hörende CLE Cabriolet. Wirkungsvoll ist er allerdings.

Den unattraktiv aussehenden Windabweiser bietet auch das auf die interne Bezeichnung A236 hörende CLE Cabriolet. Wirkungsvoll ist er allerdings.

(Foto: Mercedes)

Allerdings hat es auch etwas, entspannt rund 1000 Kilometer mit einer einzigen Tankfüllung zurücklegen zu können, denn bei moderater Fahrt fließen kaum sechs Liter (je 100 Kilometer) Kraftstoff durch die Leitungen. Phlegmatisch ist der Zwozwanzig übrigens nicht, beschleunigt innerhalb von 7,9 Sekunden auf 100 km/h und wird bis zu 234 Sachen schnell.

So zackig ist in etwa auch der Basis-Benziner unterwegs (CLE 200 mit 204 PS), während der 258 PS starke CLE 300 bei gleicher Laufkultur schon spritziger ist (6,6 Sekunden bis 100 km/h). Außerdem reicht die Puste hier analog zum Sechszylinder für 250 Sachen. Der Allradantrieb ist dann ebenso gesetzt. Übrigens beträgt der Aufpreis zwischen dem stärksten Zweiliter-Vierzylinder und dem noblen Reihensechser rund 11.500 Euro - das ist schon ein satter Aufschlag, aber so ist das in Zeiten des Downsizing. Übrigens verpassen die Ingenieure sämtlichen Triebwerken einen 23 PS starken Startergenerator, um den Verbrenner im betriebsungünstigen Bereich zu entlasten.

Wo Licht ist, gibt es bekanntermaßen auch Schatten. So könnte der Neungang-Wandlerautomat bei Kickdown-Anforderung einen Zacken schneller herunterschalten. Generell ist Antriebskomfort aber selbst beim Grundmodell in hinreichender Menge vorhanden.

Sonst noch spannende technische Errungenschaften im und am CLE? Er erbt beispielsweise den im Winkel verstellbaren Zentralscreen aus dem aktuellen SL, damit dessen Inhalt auch bei jedem Sonnenstand zu sehen ist (klar, bei grellem Licht wird es schwierig). Was spricht noch für das Cabrio? Wenn man sich die Serpentinen-Passagen dynamisch hochschlängelt, fühlt man sich einfach auf der Sonnenseite des Lebens. Wenn da bloß nicht der hohe Kaufpreis im Weg stehen würde. Aber so das Leben halt - mit Licht und Schatten.

Quelle: ntv.de

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