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Science-Fiction war gestern "Civil War" stürzt die USA in den Bürgerkrieg

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Der Bürgerkrieg bringt Chaos und Verwüstung - Szene aus "Civil War".

Der Bürgerkrieg bringt Chaos und Verwüstung - Szene aus "Civil War".

(Foto: A24 / DCM)

Wir befinden uns im Hier und Jetzt. Und in den USA tobt ein blutiger Bürgerkrieg. Ein Szenario, dass für viele vor nicht allzu langer Zeit noch anmutete wie ein Märchen aus "Tausendundeine Nacht". Und heute? Der Film "Civil War" greift genau diese Frage erschreckend realistisch auf.

Einen Kriegsfilm zu drehen, der aber per se ein Anti-Kriegs-Film sein soll, sei "außerordentlich schwierig", sagt Regisseur Alex Garland. Die Gefahr, in Klischees abzurutschen, sich auf die Seite einer der kämpfenden Parteien zu stellen oder Helden-Mythen zu stricken, sei da stets rasch gegeben. Dennoch hat sich der Brite der Herausforderung gestellt und mit "Civil War" zugleich einen Film gedreht, der im Jahr 2024 brisanter kaum sein könnte.

Schließlich findet der im Titel zitierte Bürgerkrieg nicht irgendwo in Afrika oder an einem anderen Ort statt, der einem in westlichen Demokratien vielleicht am ehesten in den Sinn käme. Nein, er tobt inmitten der USA - zwischen einer fiktiven Allianz westlicher Bundesstaaten und den Staaten, die der Regierung in Washington und dem Weißen Haus die Treue halten. Die wichtigsten Protagonisten sind dabei jedoch nicht die Mächtigen, die Soldaten oder die Aufständischen. Es sind Kriegsreporter, die sich auf eine Reise durch das in Gewalt und Chaos versinkende Land machen, um das Geschehen zu dokumentieren und am Ziel ihrer Wegstrecke ein Interview mit dem noch amtierenden Präsidenten zu führen.

Im Kern besteht der Journalistentross aus drei Generationen - dem älteren Sammy (Stephen McKinley Henderson), der erfahrenen Kriegsfotografin Lee (Kirsten Dunst) und ihrem Kollegen Joel (Wagner Moura) sowie der ebenso jungen wie übermütigen Jessie (Cailee Spaeney). Trotz ihrer Rolle als neutrale Beobachter geraten auch sie auf ihrer Reise natürlich immer wieder zwischen die Fronten, in brenzlige Situationen und Kugelhagel.

Kirsten Dunst trifft auf ihren Ehemann

Die wahrscheinlich eindringlichste Szene des Films ist die, in der die Gruppe auf eine Handvoll Soldaten trifft, die sich gerade an einem Massengrab zu schaffen macht. Deren skrupellosen und rassistischen Rädelsführer, gespielt von Jesse Plemons, interessiert die Mission der Journalisten herzlich wenig - im Gegenteil. Die Situation wurde derart bedrohlich und intensiv eingefangen, dass es einen als Zuschauer im Kinositz förmlich zerreißt. Wie mag es da erst den Schauspielerinnen und Schauspielern am Set ergangen sein? Zumal es in der Szene auch noch zu einer unheimlichen Begegnung der anderen Art kommt: Im wahren Leben sind Kirsten Dunst und Jesse Plemons ein Ehepaar. Wagner Moura erinnert sich: "Nach der Szene weinte ich eine halbe Stunde lang. Das war sehr heftig."

Kirsten Dunst schlüpft in die Rolle der Kriegsreporterin Lee.

Kirsten Dunst schlüpft in die Rolle der Kriegsreporterin Lee.

(Foto: A24 / DCM)

Garland zeichnet in "Civil War" kein großes Kriegsgemälde, in dem zwischen den Schaltzentren der Macht, den Schlachtfeldern und einer Vielzahl von Akteuren hin- und hergesprungen wird. Der Film fokussiert sich stattdessen voll und ganz auf die Erlebnisse seiner Hauptfiguren, bleibt immer dicht an ihnen dran und geriert sich so wie ein beklemmendes Roadmovie. Gerade diese Verengung ermöglicht jedoch einen universellen Blick auf das Geschehen. Sympathie kann man so zu keiner der Kriegsparteien wirklich aufbauen - Antipathie dagegen zu beiden. Nahekommen kann man nur den Journalisten - und dadurch selbst ins Lager des neutralen Beobachters wechseln.

Dabei verzichtet Garland auch darauf, irgendwelche konkreten Bezüge zur tatsächlichen Lage in den USA herzustellen. Parteien wie die Republikaner und die Demokraten oder gar real existierende Personen wie Donald Trump werden nicht genannt. Weshalb der Bürgerkrieg zwischen den Amerikanern in dem Film eigentlich ausgebrochen ist, ist ebenfalls kein Thema. Auch damit schafft es "Civil War", die Falle, auf die eine oder andere Art Position zu beziehen, zu umgehen - und wird so tatsächlich vom Kriegsfilm zu einem gelungenen Anti-Kriegs-Film.

Hommage an den Journalismus

Und zu einer großen Hommage an den Journalismus. Wenn es in all dem Gemetzel überhaupt so etwas wie Helden gibt, dann sind es die unerschrockenen Reporter, von denen Garland erzählt. Dass er hierbei ein klein wenig über die Stränge schlägt, ist vielleicht einer der wenigen Kritikpunkte, die man an dem Film üben kann. Wer als eingebetteter Journalist mit Truppen im Krieg unterwegs ist, geht zweifelsohne ein lebensbedrohliches Risiko ein. Wie sich Lee, Jessie und Co hier voller Todesmut und mit gezückter Kamera auf das Gefechtsfeld stürzen, ist dann aber wohl doch übertrieben.

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Es ist noch gar nicht allzu lange her, da wäre das Szenario in "Civil War" von vielen sicher im Bereich der Science-Fiction verortet worden. 2024 hingegen sieht das ganz anders aus. Die Möglichkeit eines Bürgerkriegs in den USA wurde und wird inzwischen längst seriös, sachlich und nüchtern diskutiert. Wenn Garland seinen Film auch nicht der realpolitischen Debatte unterwirft, so macht er doch keinen Hehl daraus, dass es die Realität war, die ihn dazu inspirierte: Trump, der Sturm aufs Capitol, der Aufschwung von Extremisten weltweit. Vielleicht regt "Civil War" zumindest einige zum Nachdenken an. In einem Jahr, in dem Donald Trump erneut nach der Präsidentschaft greift, kann das sicher nicht schaden.

"Civil War" läuft ab 18. April in den deutschen Kinos.

Quelle: ntv.de

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