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Prozess um mutmaßliche SA-Losung Anklage unterstellt Absicht - Höcke will aussagen

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Höcke will nächsten Dienstag "grundsätzlich" aussagen.

Höcke will nächsten Dienstag "grundsätzlich" aussagen.

(Foto: picture alliance/dpa/Reuters/Pool)

Der Prozessauftakt um die mögliche Verwendung von NS-Vokabular durch AfD-Politiker Höcke endet nach der Anklageverlesung. Die Anwälte des Rechtspopulisten scheitern mit einer Reihe von Anträgen. In einer Woche will der 52-Jährige dann Fragen des Gerichts beantworten. Derweil wird ein zweiter Verhandlungsgegenstand zunächst ausgeklammert.

Thüringens AfD-Chef Björn Höcke will im Prozess gegen ihn wegen der Verwendung von NS-Vokabular aussagen - allerdings erst am nächsten Verhandlungstag in einer Woche. Sein Mandant sei "grundsätzlich" zu einer Einlassung bereit, sagte sein Anwalt Philip Müller. Zum Prozessauftakt warf die Staatsanwaltschaft dem 52-Jährigen vor, von der Herkunft der SA-Losung "Alles für Deutschland" gewusst zu haben. "Er wusste, dass es sich um eine verbotene Losung handelte", sagte Staatsanwalt Benedikt Bernzen bei der zweiminütigen Anklageverlesung. Nach der Verlesung endete der erste Verhandlungstag.

Es ist das erste Gerichtsverfahren gegen Höcke. Der Vorwurf: Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen. Das Strafmaß reicht von einer Geldstrafe bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Bis zu einer möglichen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung. Zum ersten Verhandlungstag waren neben zahlreichen Medienvertretern auch mehrere Hundert Höcke-Gegner gekommen. Sie demonstrierten am Morgen friedlich vor dem Justizgebäude.

Anwälte scheitern mit Antragsflut

Eine zweite Anklage gegen den AfD-Politiker wegen Verwendung der SA-Parole bei einer AfD-Veranstaltung im thüringischen Gera war unmittelbar vor Prozessbeginn abgetrennt worden. Grund war nach Gerichtsangaben ein kurzfristiger Wechsel bei Höckes Verteidigern, weswegen zu wenig Vorbereitungszeit blieb. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass diese Anklage später wieder in den laufenden Prozess eingebunden wird. Die Staatsanwaltschaft stellte dazu einen entsprechenden Antrag. In Gera soll Höcke als Redner den Angaben zufolge den ersten Teil der Losung selbst gesprochen und das Publikum durch Gesten animiert haben, "Deutschland" zu rufen.

Die Anklageverlesung verzögerte sich wegen mehrerer Anträge der Verteidigung. Einen Antrag auf einen Tonmitschnitt des Prozesses lehnte die Kammer um den Vorsitzenden Richter Jan Stengel ab. Höckes Anwälte begründeten den Antrag mit der "historischen Relevanz" des Prozesses sowie damit, dass ihrem Mandanten "ein faires Verfahren" ermöglicht werden solle. Nach Ansicht der Kammer ist ein faires Verfahren auch ohne Mitschnitt gewährleistet.

In weiteren Anträgen forderte die Verteidigung erfolglos eine Unterbrechung der Verhandlung und eine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage, warum der Fall nicht am Amtsgericht Merseburg verhandelt wird. Das sachsen-anhaltische Oberlandesgericht Naumburg hatte dem Landgericht Halle wegen der Dimension des Falls und des öffentlichen Interesses die Zuständigkeit zugewiesen. Staatsanwalt Bernzen warf den drei Anwälten von Höcke vor, das Verfahren mit ihren Anträgen und Beschwerden "zu torpedieren".

Höcke hatte vor dem Prozess in einer Fernsehsendung beteuert, dass er nicht wusste, dass es sich bei der Parole um eine SA-Losung handelte. "Es ist ein Allerweltsspruch", hatte er gesagt. Der 52-Jährige soll die SA-Losung bei einer Rede im Landtagswahlkampf in Sachsen-Anhalt 2021 verwendet haben. Der damalige Co-Vorsitzende der Grünen Sachsen-Anhalt, Sebastian Striegel, hatte Höcke angezeigt und auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags verwiesen, wonach das Verwenden der Losung im Rahmen einer Rede auf einer Versammlung strafbar ist.

Termine bis Mitte Mai angesetzt

Angesichts der Landtagswahl in Thüringen am 1. September steht das Verfahren unter besonderer Beobachtung. Höcke selbst verfolgte die Verhandlung teils mit scheinbarer Gelassenheit, teils zeigte sein Gesicht aber auch Anspannung. Sein Anwalt Müller sprach von einer "massiven Vorverurteilung" seines Mandanten und kritisierte eine Medienberichterstattung "in einem stark aufgeheizten und polarisierenden Ton". Für den Prozess in Halle sind bislang weitere Verhandlungstermine bis zum 14. Mai eingeplant, die Staatsanwaltschaft regte allerdings bereits weitere Termine an. Die Verhandlung findet wegen des großen öffentlichen und medialen Interesses im Justizzentrum Halle mit besonderen Sicherheitskontrollen statt.

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Höcke ist Spitzenkandidat der AfD für die Landtagswahl Anfang September. Die AfD liegt in den Umfragen seit Monaten vorn. Höcke selbst will Ministerpräsident werden, allerdings will keine andere Partei mit der AfD koalieren. Im Falle einer Verurteilung zu mindestens sechs Monaten Freiheitsstrafe könnte das Gericht ihm nach Angaben einer Sprecherin die Amtsfähigkeit und das aktive sowie passive Wahlrecht absprechen.

In Thüringen kommt auf Höcke, der Vorsitzender der Landespartei und der AfD-Landtagsfraktion ist, indes ein weiterer Prozess zu. Das Landgericht Mühlhausen ließ Ende Januar eine Anklage wegen des Verdachts der Volksverhetzung gegen den AfD-Politiker zu. Es geht dabei um einen Beitrag von Höcke aus dem Jahr 2022 im Social-Media-Dienst Telegram nach einem tödlichen Messerangriff eines Somaliers in Rheinland-Pfalz.

Quelle: ntv.de, jwu/AFP/dpa

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